Mit Carmela unterwegs …

November 17, 2008

Spezielle Menschrechtserziehung

Filed under: Projekttagebuch — Carmela @ 4:23 pm

SHARE (Special Human Rights Education) hat das Ziel, die Menschen in den Gemeinden (auf lokaler Ebene) über spezielle Menschenrechtsthemen zu informieren. Dazu fährt das “Human Rights Team” raus und gibt ganztägige Seminare. In der Regel arbeiten sie mit den örtlichen Sozialämter zusammen, die entweder auf PREDA zugehen, weil ihnen vermehrt Fälle von Menschenrechtsverletzungen in einer Gemeinde zu Ohren gekommen ist, oder der sogenannte “Barangay Captain” (eine Art Gebiets- od. Gemeindebürgermeister), meldet an, dass die Einwohner solch ein Seminar benötigen. Letzten Freitag war das Team sogar auf einer Großveranstaltung von über 150 TeilnehmerInnen (PolizistInnen, Amtsträger der Gemeinden und Kommunen). Man sollte meinen, dass diese sich in den Gesetzgebungen auskennen sollten, jedoch ist das nur bedingt der Fall. Zum einen wissen einige nicht wirklich, was sich hinter bestimmten Gesetzen wirklich verbirgt, und wie damit umzugehen ist, zum anderen, ignorieren andere einfach Fälle von Menschenrechtsverletzungen.

Ich war letzen Dienstag mit dem Menschenrechtsteam -das sind 3 PREDA MitarbeiterInnen aus dem Menschenrechtsdepartment - in einer Gemeinde, die hoch oben in der Bergregion lebt. Wir sind zunächst in dei nächstliegende Stadt dieser Gemeinde gefahren (ca. 1 Std.), und haben dann das Fahrzeug gewechselt, weil wir mit unsrem normalen Minivan nicht dorthin kommen, denn die Strecke besteht nur aus riesigen Schlaglöchern und ist nicht befestigt. Man stelle sich unsere Wanderwege vor, jedoch mit viel mehr Steinen und riesiegen Löchern, die voller Wasser sind. Die Fahrt in die Berge hat nochmal eine Stunde gedauert, und die Stoßdämpfer waren das wichtigste an diesem Wagen. Ich hätte nie gedacht, dass in dieser Gegend überhaupt noch Menschen leben. Unterwegs sind wir vielen indigenen Menschen begegnet, die ganz dunkel sind, mit ganz filzigen Haaren und noch kleiner als die philippinschen Stadtbewohner. Manche wollten mitgenommen werden, weil wir eine Ladefläche hatten, und die sind dann einfach drauf geklettert und wenn sie aussteigen wollten, haben sie auf’s Dach geklopft.

Das Menschenrechtsteam spricht überwiegend über drei Theman bzw. Gesetze: alle Formen von Kindermisshandlung, Rechte der Frauen und deren Schutz, Kinder und Jugendliche im Konflikt mit dem Gesetz. Die Bedeutung und Aufgabe der Gemeindevorsteher wird dabei immer besonders berücksichtigt, denn diese spielen bei allen Familienangelegenheiten und Streitigkeiten eine wichtige Rolle. Anschließend erklären sie, wie man einen Aktionsplan aufstellt, und was wichtig ist, zu bedenken, wenn Gemeinden verschiedene Projekte und Programme installieren wollen bzw. müssen (z.B. Familienhilfe, Kindererziehung etc.).

Es waren also ca. 40 TeilnehmerInnen anwesend, überwiegend Frauen, etwa 10 Männer und viele Kinder. Für uns sind diese Themen sehr selbstverständlich - auch wenn es bei uns erst Ende der 90iger Jahre ein Gesetz bezüglich Vergewaltigung in der Ehe gibt. Und das Human Rights Team hat die Gesetze echt sehr gut drauf, und erklärt sie verständlich und lebensnah. Hier und da haben sie die Leute auch gefragt, wie sie in bestimmten Situationen handeln würden. Ähnlich wie bei uns, fällt es Filipinos schwer, sich in die Angelegenheiten anderer Menschen einzumischen. Wenn z.B. eine Frau oder ein Kind auf der Straße misshandelt wird, zögert man, dies zu melden, bzw. wenn, dann möchte man anonym bleiben. Die PREDA MitarbeiterInnen haben erklärt, dass jede Form von Misshandlung an Kindern und Frauen keine Privatsache ist, sondern öffentliches Recht betrifft. Um die Meldung von Misshandlung zu vereinfachen, gibt es eine PREDA Hotline, wenn Leute sich scheuen, ihrem Gemeindevorstehern oder der Polizei Bescheid zu geben. PREDA wird dann diese Meldung verfolgen und entsprechende Schritte einleiten. Die Gemeindevorstehern dürfen bezüglich solcher gemeldeten Fällen keine eigenständigen Schritte einleiten, wie z.B. eine Einigung zwischen Opfer und Täter, sondern solche Fälle müssen offiziell gemeldet werden, weil dies eine Straftat ist und diese gerichtlich geahndet werden muss.

Es ist schon ziemlich befremdend für mich gewesen, wie viele Männer sogenannte Schläge aus Liebe zu ihren Kindern billigen und befürworten, und das fast alle (Frauen wie Männer) die Meinung vertraten, dass ein Mann, der seine Frau auf der Straße schlägt, dies rechtens tut, wenn sie es verdient hat, z.B. im Falle von Ehebruch oder Ähnlichem. Davon hängt es ab, ob man dies melden würde oder nicht. Das Human Rights Team hat echt die Geduld, den Menschen zu erklären, dass diese unabhängig von der Ursache der Misshandlung, eine Straftat ist.

Das Gesetz zum Schutz von Frauen und deren Rechte ist noch nicht sonderlich alt, und als dieses installiert wurde, haben viele Männer dagegen gesprochen, weil sie sich angegriffen fühlten! Erst als man erklärt hat, dass dieses Gesetz nicht dazu da ist, um die Stellung des Mannes zu mindern, sondern die Rechte der Frauen und ihre Stellung zu stärken, aufgrund der Gleichstellung von Frau und Mann, konnte die breite Masse der Bevölkderung dem zustimmen (was jedoch nicht die Voraussetzung für die Implentierung eines Gesetzes ist). Ich weiß, für uns Westeuropäer hört sich das alles sehr sehr rückständig an. Aber es ist gut, dass die Phililppinen solche Schritte tut. Dagegen ist sehr interessant, dass hinsichtlich Bildung und Stellung der Frauen in wirtschaftlichen und politischen Berufen die Philippinen Deutschland seit letztem Jahr überholt haben. Laut dem sogenannte Gleichstellungsbericht der Geschlechter des Weltwirtschaftsforum von 2007 (Global Gender Gap Report), der weltweit die Stellung der Frau unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte untersucht, sind die Philippinen von Platz 6 auf Platz 5 gerueckt und haben damit Deutschland überholt (2006 auf Platz 5, 2007 “nur” noch Platz 7). Vorne weg sind - verständlicherweise - die ganzen skandinavischen Länder. Also nicht alles ist hier rückständig und unzivilisiert. Man muss dann genau hinschauen, in die verschiedenen Bevölkerungsschichten und Herkunftssituationen der Menschen.

Hier bei diesem Seminar habe ich wirklich erfahren können, dass so vieles von der Erziehung und Aufklärung abhängt. Diese Menschen wissen nicht sonderlich viel von Gesetzen und den Rechten, die sie haben. Umso besser ist es, dass PREDA in den verschiedenen Gemeinden regelmäßig solche Veranstaltungen hält. PREDA macht es den Menschen auch so einfach wie möglich, z.B. die Beköstigung des ganzen Tages (Essen ist ja das wichtigeste im philippinischen Leben) und der Transport von Gemeindemitgliedern, die weiter weg wohnen, wird komplett von PREDA getragent. Die Kommunen haben keinerlei Kosten zu tragen. Manche Regionen (Bundesländer) geben einen Zuschuss.

Am Abend waren wieder zurück von den Bergen. Zur Zeit sehe ich das Human Rights Team kaum im PREDA Zentrum, weil die in diesem Monat sehr viele Seminare haben.

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